Search engine for discovering works of Art, research articles, and books related to Art and Culture
ShareThis
Javascript must be enabled to continue!

Der Singstreit in humanethologischer Perspektive

View through CrossRef
Der Singstreit in humanethologischer Perspektive Traditionen gesungener Wortgefechte sind von zahlreichen voneinander unabhängigen Kulturen in der ganzen Welt bekannt. Ethnographische Quellen über mehr als 20 Singstreit-Traditionen, unter anderem auch moderne subkulturelle Phänomene, wurden auf Form und Funktion der Praktiken untersucht. Die beobachteten Singstreite weisen eine Reihe gemeinsamer Merkmale auf: Eine große Mehrheit der Praktiken werden fast ausschließlich von Männern ausgeführt, folgen strengen formalen Regeln, implizieren Status und Belohnung und dienen als Mittel der Aggressionskontrolle und Konfliktlösung bis hin zur etablierten Gerichtsbarkeit. Der Singstreit ist für die Teilnehmer kostspielig und riskant und kann daher als ”honest signalling” im Sinne von Zahavis ”Handicap-Prinzip” verstanden werden. Die Charakteristika des Singstreits entsprechen den verhaltensbiologischen Kriterien des Turnierkampfes: ein ritualisiertes Duell männlicher Artgenossen, eine adaptive Verhaltensstrategie im Zusammenhang mit sexueller Selektion und Rang, bei der durch regelhafte Abfolge schwere körperliche Beschädigungen vermieden werden. Die kulturübergreifende ähnlichkeit der Singstreit-Praktiken lässt vermuten, dass es sich hier um ein ererbtes Muster einer musikalischen Kommunikationsstrategie handelt. Die Traditionen verblassen mit zunehmender Zivilisation, können jedoch auch in urbanen Subkulturen (Rap) in ähnlicher Form neu entstehen. Wir folgern, dass (a) Funktionen musikalischen Verhaltens im intrasexuellen Wettbewerb und (b) Gesang als hoch-ritualisierter Modus der verbalen Kommunikation im Dienste von Aggressionskontrolle und sozialer Stabilität wesentlich zur Evolution kognitiver und performativer musikalischer Fähigkeiten des Menschen beigetragen haben.
Title: Der Singstreit in humanethologischer Perspektive
Description:
Der Singstreit in humanethologischer Perspektive Traditionen gesungener Wortgefechte sind von zahlreichen voneinander unabhängigen Kulturen in der ganzen Welt bekannt.
Ethnographische Quellen über mehr als 20 Singstreit-Traditionen, unter anderem auch moderne subkulturelle Phänomene, wurden auf Form und Funktion der Praktiken untersucht.
Die beobachteten Singstreite weisen eine Reihe gemeinsamer Merkmale auf: Eine große Mehrheit der Praktiken werden fast ausschließlich von Männern ausgeführt, folgen strengen formalen Regeln, implizieren Status und Belohnung und dienen als Mittel der Aggressionskontrolle und Konfliktlösung bis hin zur etablierten Gerichtsbarkeit.
Der Singstreit ist für die Teilnehmer kostspielig und riskant und kann daher als ”honest signalling” im Sinne von Zahavis ”Handicap-Prinzip” verstanden werden.
Die Charakteristika des Singstreits entsprechen den verhaltensbiologischen Kriterien des Turnierkampfes: ein ritualisiertes Duell männlicher Artgenossen, eine adaptive Verhaltensstrategie im Zusammenhang mit sexueller Selektion und Rang, bei der durch regelhafte Abfolge schwere körperliche Beschädigungen vermieden werden.
Die kulturübergreifende ähnlichkeit der Singstreit-Praktiken lässt vermuten, dass es sich hier um ein ererbtes Muster einer musikalischen Kommunikationsstrategie handelt.
Die Traditionen verblassen mit zunehmender Zivilisation, können jedoch auch in urbanen Subkulturen (Rap) in ähnlicher Form neu entstehen.
Wir folgern, dass (a) Funktionen musikalischen Verhaltens im intrasexuellen Wettbewerb und (b) Gesang als hoch-ritualisierter Modus der verbalen Kommunikation im Dienste von Aggressionskontrolle und sozialer Stabilität wesentlich zur Evolution kognitiver und performativer musikalischer Fähigkeiten des Menschen beigetragen haben.

Related Results

Vom Verräter zum Märtyrer: Ein Rückblick auf Muhammad Ali / From Traitor to Martyr: A Retrospect on Muhammad Ali
Vom Verräter zum Märtyrer: Ein Rückblick auf Muhammad Ali / From Traitor to Martyr: A Retrospect on Muhammad Ali
Zusammenfassung Heute gilt Muhammad Ali in der öffentlichen Meinung als einer der bekanntesten und beliebtesten Sportler des 20. Jahrhunderts. Der vorliegende Beitra...
Verzeichnis der Römerbriefkommentare der lateinischen Kirche bis zu Nikolaus von Lyra
Verzeichnis der Römerbriefkommentare der lateinischen Kirche bis zu Nikolaus von Lyra
Das Verzeichnis der Römerbriefkommentare der lateinischen Kirche bis zu Nikolaus von Lyra war ursprünglich als Anhang einer Dissertation beigegeben worden, die sich mit der mittela...
Der “Capitano” der Commedia Dell’Arte uno Seine Rezeption uno Entwicklung im Deutschsprachigen Theater
Der “Capitano” der Commedia Dell’Arte uno Seine Rezeption uno Entwicklung im Deutschsprachigen Theater
Diese Studie untersucht systematisch die Rezeption der Figur des Capitano der Commedia dell’Arte im deutschsprachigen Theater des 16. und 17. Jahrhunderts. Um von anderen Studien h...
Institutionelle Dramaturgie und digitale Oper
Institutionelle Dramaturgie und digitale Oper
Streamingangebote und Live-Übertragungen von Opernaufführungen, allen voran die Serie "Met live: in HD", gehören seit rund einer Dekade zum Kulturangebot und generieren ein eigenes...
'Rasse' und Gesellschaft. Ernest Bornemans Ethnografie des Jazz ('Race' and Society. Ernest Borneman's Ethnography of Jazz)
'Rasse' und Gesellschaft. Ernest Bornemans Ethnografie des Jazz ('Race' and Society. Ernest Borneman's Ethnography of Jazz)
Der Artikel untersucht die Tätigkeit des deutschen Emigranten Ernest Borneman als Jazzkritiker. Der Autodidakt betrachtete den Jazz nicht als autonome Sphäre, als ästhetische Form,...

Back to Top